107 Wilde Felder
Ebene 2
						
						Für diesen Monolog
						muss ich nicht denken,
						
						aber empfinden kann
						ich in einer Art von Weise,
						
						die auf mich wirkt
						wie jene Wahrheit,
						
						wie Not und
						Überfluss, wie Krieg und Frieden,
						
						aber immer mit der Distanz
						einer höheren Ordnung.
						
						Holperige Straßen
						enden in meinen wilden Feldern,
						
						ausgebrannte Panzer
						rosten vor sich hin.
						
						Ich bin eine
						Transitzone, der Übergang
						
						von einer letzten
						Gemeinsamkeit ins namenlose Nichts.
						
						Dahinter liegt Asien.
						
						Europäer werden hier
						nicht von allen erwartet,
						
						aber Begegnungen
						finden statt, als seien sie etwas Besonderes.
						
						Wer hier sucht, kann
						hier alles finden in gewisser Weise.
						
						Manche glauben, ich
						wäre Niemandsland
						
						Doch es gibt kein
						Niemandsland.
						
						Die Erde hat ein
						Gedächtnis.
						
						Ich wurde oft
						verletzt.
						
						Heute zähl ich meine
						Narben - mit einem Khipu,
						
						in einem Buch ohne
						Seiten.
								Tausend Jahre wurden
						mir Menschen gestohlen.
						
						In mir schluchzen die
						Knochen der nackten Toten
						
						im Rhythmus ihrer
						Klarinetten,
						
						und Wunden, die ihre
						Peitschen schlugen.
						
						Du findest
						Lederstiefel, die lautlos Grashalme brachen,
						
						und den Tod
						zurückließen.
						
						Geschichte löscht
						keine Geschichte.
						
						Zeit wird mich
						verändern aber nicht geradlinig wie im Westen.
						
						Zeit ist mir gar
						nichts - Jahreszeiten vielleicht!
								